2011 Februar - März: Dominica
 

2011 Februar - März: Dominica

Roseau

Die gute 90nm lange Überfahrt gestaltete sich sehr abwechslungsreich: Während wir im Lee von Martinique teilweise gar keinen Wind hatten pustete es im Kanal zwischen Martinique und Dominica kräftig und die Wellen waren auch nicht ohne. So lief die MARADY streckenweise bis zu 8kn, um dann wieder zu dümpeln. Nach 20Stunden Fahrt sah Dominica jedoch gar nicht einladend aus, die hohen grünen Berge waren in Wolken gehüllt und es nieselte. Kurz wurde debattiert ob wir gleich weiter nach Norden fahren, aber wir entschieden uns dann doch, den Anker vor der Hauptstadt Roseau fallen zu lassen. Die Küste fällt steil ab und es hatte teilweise kräftige Fallböen. Aber unser Anker wurde von einem dicken Abwasserleitungsrohr gehalten, das nicht mehr benutzt wird. Im klaren Wasser sieht man Korallenstöcke und grosse Wasserschildkröten tauchen manchmal kurz neben der MARADY auf. Und nach 5 Tagen tauchte dann auch die Tofua mit Ulli auf: wir hatten seine Bekanntschaft auf den Iles de Salut in F-Guyana gemacht und freuten uns auf das Wiedersehen. Wir verbringen manche Stunden schlemmend und diskutierend mit ihm. Er hat doch die einige spannende Episoden aus seinen 65 Lebensjahren zu erzählen und ist zudem ein hervorragender Koch!

Dominica gehört wie St. Lucia zu den Commonwealth Staaten. Anscheinend sind Columbus die Heiligen ausgegangen als er die Insel entdeckte, weshalb er sie nach dem Tag (Sonntag) der Sichtung benannte. Neben dem Tourismus und Landwirtschaft gibt es für die rund 70'000 Einwohner keine grossen Arbeitgeber. Für Touristen sind die Wasserfälle und Seen sowie die Tauchgründe von besonderem Interesse. Etliche Plätze dienten als Kulisse für „Pirates of the Caribbean 2 & 3“. Die meisten Besucher kommen mit den grossen Kreuzfahrtschiffen: fast täglich spucken teilweise mehrere dieser Kolosse ihre bis 3'000 Passagiere aus. Am Abend werden die Brücken dann wieder hochgezogen und die Insel gehört wieder den Einheimischen. Dadurch konnte die Insel ihre Ursprünglichkeit erhalten. Die Leute sind sehr offen und freundlich und die Küste wird nicht von Hotels und Discos dominiert. Warum so wenig Segler hier einen Stopp einlegen ist uns nicht klar, ist aber auch schön für uns.
Anfangs März fand nicht nur in Luzern sondern auch in Roseau das wichtigste Ereignis des Jahres statt: Carnival! Dazu gehören diverse Miss & Mister Wahlen, so die Miss mit den besten Antworten, dem schönsten Abendkleid, usw. Diese Wahlen fanden aber ausserhalb in einer Carnival City statt. Am Montag war dann wie in Luzern Tagwach in der Stadt: von einer Art Love-Mobilen dröhnte der Sound meist ab Band, auf einigen gab's aber Livemusik. Auf den Dächern der Gefährte wurde getanzt und bei Bedarf die Strom- & Telefonleitungen, die über der Strasse hängen, hoch gehoben. Die mitgeführten Generatoren wurden problemlos übertönt. Die Menge begleitet die Mobile in einer Art Schrittanz, wobei dieser teilweise äusserst anzüglich getanzt wird! Kostüme werden zu diesem Anlass nicht getragen, aber die Damen quetschen sich gerne in Hotpants und Netzstrümpfe. Irgendwie scheint es eine Obergrenze des zugelassenen Textils zu geben denn bei so mancher fülligen Dame war deutlich mehr Haut zu sehen als in unseren Augen noch attraktiv gewesen wäre.... und das in einem erzkonservativen und streng gläubigen Land. Am Dienstag stand dann die grosse Kostümparade an. Da fast jede Dominicanerin zwischen 1 und 99 Jahren am Umzug teilnahm gab es gar nicht soo viele Zuschauer. Die Kostüme waren teilweise wirklich wunderschön. Interessant waren auch die traditionellen Figuren, eine Art Ungeheuer in getrockneten Blättern. Eigentlich sind die natürlichen Blätter verboten, da vor Jahren eine Maske in Brand gesteckt wurde und 4 Männer den Tod fanden. Deshalb sind diese Kostüme nun meistens aus Kunststofffäden. So oder so muss es saumässig heiss sein in dieser Verkleidung! Auch die Stelzenläufer sind traditionell: früher erbaten sie von den Zuschauern auf den Balkonen einen Obulus.

Für unseren Ausflug zu den Trafalgarfällen quetschten wir uns in einen Bus, der mit Schulkindern wirklich vollbesetzt wurde. Fast ein Wunder, dass uns nicht noch eins auf den Schoss gesetzt wurde. Unterhalb der wunderschönen Wasserfälle gibt es Pools in denen leicht schwefelhaltiges Wasser aufsteigt. Einfach himmlisch, inmitten des grünen Regenwaldes in dem warmen Wasser zu liegen und zu dösen!
Im Botanischen Garten entdeckten wir einige sehr interessante Bäume, so auch einer der steinharte, runde Früchte trägt, weshalb wir ihn „Kanonenkugelbaum“ tauften.
Am Sonntag versammelt sich die Bevölkerung in den Kirchen, wo fast der ganze Tag verbracht wird. Bei einem ständigen Kommen und Gehen wird gesungen und gerockt dass die Bühne erzittert. Wir haben das Spektakel bei einer Openair-Predigt mitverfolgen können.

In der Zwischenzeit erfuhren wir, dass die Kanadier Mary & John, die wir auf den Bahamas kennen gelernt haben, nun im Norden von Dominica leben.

Also auf nach Portsmouth!

Entlang der wunderschönen Küste segelten wir ruhig gen Norden. Beim Einlaufen in die Prince Rupert Bucht fielen uns zuerst all die grossen Wracks auf, die an der Küste liegen. Diese wurden von Hurricanes an Land gespült, wo sie nun vor sich hin rosten. Ein ausländisches Unternehmen kam her und hat angeboten, diese zu kostenlos zu entsorgen, wenn sie im Gegenzug das Metall behalten dürften. Das passte jedoch der Regierung nicht, weshalb man die Überreste wohl noch in Jahren bewundern kann.
Anderer Länder Hilfsangebote nahm man hingegen an: Die Chinesen bauen die Strassen in Dominica, dafür stimmt man bei Internationalen Vereinigungen im Sinne der Asiaten. Dasselbe mit Marokko, die ein Ressort bauen, und wahrscheinlich auch mit der EU, die den Bau der Wanderwege und andere Aktivitäten unterstützt. Über diese Art der bestechlichen Entwicklungshilfe kann man geteilter Meinung sein, aber dass die Chinesen auch ausschliesslich eigene Arbeiter beschäftigen hinterlässt doch einen bitteren Nachgeschmack. Auch wenn die Strassenbauer mit Schlitzaugen und den grossen Strohhüten unter der karibischen Sonne lustig anzusehen sind. Andererseits muss auch gesagt werden, dass die Arbeitsmoral der Dominicaner nicht westlichen Standards entspricht.

An einem Sonntag waren wir dann bei John und Mary eingeladen: John ist an der hiesigen Ross University beschäftigt. Die Ross ist eine amerikanische Privatuniversität für Medizin. John ist für den Unterhalt und die Ausbildung an den „Mannequin“ zuständig: dies sind Puppen an denen die zukünftigen Mediziner praktisch üben können ohne gleich Tote zu provozieren. Den Puppen werden Medikamente oral, intravenös und anal verabreicht und diese reagieren wie Menschen, das heisst der Blutdruck steigt oder sinkt, Schweiss tritt aus, die Pupillen verändern sich usw, im schlimmsten Fall bis zum Herzstillstand und Tod. Einzig die Körpertemperatur kann nicht simuliert werden, die Sprache hingegen schon. Die Ross besitzt 8 dieser 85'000US$ - Hightechwunder. Nur die US-Army besitzt mehr. Aber als Privatuniversität kann man sich das ja leisten. Die rund 3'500 Studenten (die die Studien innerhalb der Hälfte der Zeit ihrer Kommilitonen zuhause durchpauken) kommen aus USA und Canada und machen die Ross zum grössten Arbeitgeber der Insel. Wir waren von der Führung, die uns John gab, jedenfalls äusserst beeindruckt!
Die Mitarbeiter und Studenten der Ross wohnen natürlich nach ihrem gewohnten Standard, während manche einheimische Familie in einer Hütte von kaum 10m2 ohne fliessend Wasser und Strom lebt. Wir waren natürlich glücklich, dass wir zu der Einladung bei John und Mary nicht nur das Dessert ,sondern auch die schmutzige Wäsche mitbringen durften!

Auch in und um die Bucht wurde einiges geboten: so war sie Etappenziel einer Russen-Regatta in der Karibik, die meisten der rund 30 Boote waren Charteryachten.
Und die Wanderungen rund um Fort Shirley eröffneten wunderschöne Ausblicke.
Ein absolutes Highlight war der Ausflug nach Champagne, den Mary mit den „Ross-Women“ (Ehefrauen von Rossmitarbeitern) machte. Champagne ist ein Tauch- und Schnorchelrevier das zum Naturschutzgebiet von Scotts Head im Süden der Insel gehört. Beim Schnorcheln über dem Riff fühlt man sich, als würde man in einem Aquarium tauchen: Fische aller Grössen und Farben, einzeln oder in Schwärmen begleiten uns. Und von einem Vulkan unter Wasser steigen Bläschen auf. Sogar einen Octopus hat Mary gesehen! Und die sind schwer zu erkennen denn sie sehen aus wie Steine wenn sie sich nicht bewegen. Die Fahrt in den Süden führt kurvenreich über Berg und Tal und ist sogar für trainierte Schweizer Magen eine Herausforderung. Aber die Konversation mit Annette lenkte von solcher Unbill erfolgreich ab. Annette, ursprünglich aus Deutschland, wohnt mit ihrem Mann seit 23 Jahren auf Dominica. Aufgrund ihrer Gehbehinderung, die auf Sauerstoffmangel bei der Geburt zurückzuführen ist, ist das Leben hier eine Herausforderung, die sie beispielhaft meistert. Die interessanten Geschichten aus ihrer Biografie verkürzten die lange Fahrzeit. Zurück in Portsmouth schenkte ihr Ehemann, der Professor und Vorsitzender der Biochemischen Fakultät ist, sein äusserst interessantes Buch „in God's Image“ Mary. Dieses wird ihre Hirnzellen sicher noch eine Weile herausfordern!

Ein weniger schönes Erlebnis hatten wir in der Nacht, als unser Anker nicht hielt und wir um Mitternacht an einen Catamaran aus Guadeloupe krachten. Glücklicherweise blieb die MARADY praktisch unbeschädigt und der Eigentümer des geschädigten Kats war mit 50 US$ zufrieden.

Auf Dominica hat Ady den Durchgang in der Werkstatt ausgesägt, Halterungen für unsere Fanggeräte angebracht und und auch Halterungen für unseren Roller fixiert. Zudem wurde so einiges mehr auf der unendlichen to-do-list abgearbeitet. Und die Fock wies schon wieder eine geöffnete Naht auf welche geklebt werden musste.

So vergingen die 6 Wochen, die wir auf Dominica verbrachten auch wieder viel zu schnell. Aber die Schauer nehmen langsam zu und es ist Zeit, den Anker zu heben und unsere Fahrt fortzusetzen. Zwecks Einkauf steht die europäische Insel Guadeloupe auf dem Programm.

 
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