2011 Juli - Dezember: Antigua und Trinidad
 

2011 Juli – Dezember: St.Martin, Antigua, Trinidad

Überfahrt St. Martin - Antigua:

Auf dem Weg nach dem hurricanesicheren Trinidad stoppten wir nochmals in Antigua um Arne zu treffen. Um dorthin zu gelangen musste die MARADY hart am Wind und gegen hohen Seegang und Mary gegen Seekrankheit kämpfen. Aber auch diesmal liefen wir schlussendlich nach rund 40h in St. John's, der Hauptstadt von Antigua ein. Diese Bucht wird zwar von Kreuzfahrtschiffen angelaufen, aber weniger von Seglern. Diesmal klarierten wir ordnungsgemäss ein, denn die Gebühren sind (aus welchen Gründen auch immer) hier tiefer als in den Seglermekkas im Süden der Insel. Dafür kann man mit dem Dinghi kaum anlegen und muss über riesige LKW Reifen auf's Pier von Custom & Immigration klettern. Mit dem Ergebnis dass man mit schwarzen Kleidern und Händen vor den freundlichen Beamten erscheint. Diese lassen sich davon nicht beeindrucken und mampfen am Arbeitsplatz weiter an ihrem Mittagessen aus der Styroporverpackung. Nur bezahlen kann Mary noch nicht denn die Leute von der Buchhaltung sind früher nach Hause weil sich Regen ankündigt. Am nächsten Tag stellen dann 5 Personen mindestens 5 Quittungen aus für die knappe 20CHF die zu entrichten sind. Keine Ahnung wohin all diese Papiere verschwinden.

Als wir Arne in St. John's trafen, war glücklicherweise kein Kreuzfahrtschiff in der Stadt. So konnten wir in aller Ruhe durch die Gassen schlendern und auch kurz auf dem Markt unsere Früchte- & Gemüsevorräte aufstocken. Die Krabben die ein Junge in seinem Käfig feilbot konnten uns aber nicht begeistern.

Noch weniger begeistert waren wir als wir entdeckten dass während unseres ca 2 stündigen Landaufenthalt unsere Ruder aus dem Dinghi geklaut wurden!

Dafür besuchten wir Fort James am Eingang zur Bucht von St. John's. Ausser ein paar Kanonen und ein Hotel, dass nicht mehr in Betrieb ist, gab es nicht allzu viel zu sehen. Aber Ady entdeckte für sich das in Europa schon nicht mehr aktuelle Planking und posierte fleissig für's Album.

Nach 4 Tagen nahmen wir die nächste Etappe mit Ziel Trinidad in Angriff.

Überfahrt Antigua - Trinidad:

Wie vorhersehbar begann diese Überfahrt recht rau. Um Raum zu gewinnen steuerten wir erst einen südöstlichen Kurs in den Atlantik raus wo uns der Seegang kräftig durchschüttelte. Aber ein guter Wind verhalf uns zu konstanten 4-5 kn Fahrt. Nach zwei Tagen drehten wir südwärts, der Wind lies etwas nach und wir konnten die 3-4kn Fahrt geniessen. Zwischen Tobago und Trinidad erwarteten wir starke Strömung westwärts. Dies war auch der Grund, möglichst weit nach Osten auszuholen. Laut Vorhersage sollte uns eine kräftige Brise helfen, die Strömung rasch zu überwinden ohne zu stark nach Westen getragen zu werden. Denn damit würden wir nach Venezuela getrieben und gerade an die Küste, an der das alte Gewerbe der Piraterie noch gepflegt werden soll. Da die Wettervorhersage nicht zutraf und wir gar keinen Wind hatten mussten die Motoren wieder mal richtig arbeiten. Dafür war der Anblick der Nordküste Trinidads fantastisch: es scheint als hätte der liebe Gott einen Samtteppich über die Hänge gelegt welcher nun in allen Grünschattierungen dem Meer zu fliesst. Einfach atemberaubend schön!

Nach ziemlich genau 6 Tagen auf See und 463nm im Kielwasser erreichten wir Chaguaramas.

Trinidad:

Verschiedene Quellen rieten uns, in Chaguaramas sofort nach dem Einlaufen einzuklarieren, da die Behörden eine Verzögerung gar nicht gerne sähen. Als pflichtbewusste Skipperin folgte Mary diesen Instruktionen. Mit der Folge, dass uns die Behörden erst mal um 60US$ erleichterten, nur weil Wochenende war. Später fanden wir heraus, dass wir auch noch eine Woche nach Einlaufen hätten einklarieren können, ohne das wer was gesagt/gemerkt hätte. In den 5 Monaten, die wir in Chaguaramas verbrachten, wurden wir nie kontrolliert. Immerhin waren die Beamten zwar nicht extrem motiviert aber freundlich, und der Fernseher im Büro so aufgestellt dass auch die Besucher einen guten Blick auf den Bildschirm haben.

Chaguaramas ist ein Hafenbecken das von Werften und Trockendocks gesäumt ist. Mehr als tausend Yachten werden hier jedes Jahr während der Hurricanesaison an Land gestellt. Sei es um an den Schiffen zu arbeiten oder damit die Eigentümer beruhigt ihren Heimaturlaub antreten können. Für die Berufsschifffahrt steht der grösste Travellift der Karibik (300t) und mehrere Trockendocks zur Verfügung. Das bietet nicht gerade ein malerisches Bild, aber auch wir waren ja in erster Linie da um sicher vor Wirbelstürmen in Ruhe an der MARADY zu arbeiten.

Der erste Punkt auf unserer to do list war die Rettungsinsel warten zu lassen. Die Schweizer Behörden verlangen dies zur Verlängerung des Flaggenscheins, welcher jeweils für max. 3 Jahre ausgestellt wird. Natürlich braucht es dazu legitimierte Firmen welche man nicht in jeder Ecke findet. Aber in Chaguaramas gibt es eine. Die Wartung kostet uns natürlich wieder ein kleines Vermögen. Zum Trost räumten die Mitarbeiter in diesen Tagen das Lager, in dem sich viel Material aus ausgemusterten Rettungsinseln befindet. Für Ady ist der Container eine kleine Schatztruhe und wir schleppen First Aid Kits, Notrationen Wasser und Riegel, Tabletten gegen Seekrankheit, Paddel, Strickleitern, Notbeleuchtungen, Schäkel, Schöpfer und noch einiges mehr nach Hause.

Und bald ist es für Mary Zeit, den Koffer für ihren Heimaturlaub zu packen. Für die Heimreise muss sie aber erst zum Flughafen kommen. Jederman in Chaguaramas sagt, dass man dazu ein Taxi nehmen muss, was 200TT$ (ca 30CHF) kostet. Schon etwas viel wenn man bedenkt, dass der Flug nach Tobago nur 150TT$ kostet. Aber es gibt einen öffentlichen Bus, welcher von Seglern kaum benutzt wird, dabei ist der für Rentner ab 60Jahren (was mindestens 2/3 der Segler sind) kostenlos. Mary hat dann erfolgreich versucht, den Flughafen mit diesem Verkehrsmittel zu erreichten und hat für die angenehme Fahrt gerade mal 6TT hingeblättert. Tja, probieren geht halt schon über studieren....

Aus den Medien hatten wir bereits erfahren, dass die Kriminalität in gewissen Teilen Trinidads ein echtes Problem darstellt. Bei Bandenkriegen wurden an einem Wochenende schon mal 12 Personen getötet, was bei rund 1,5 Mio Einwohnern schon beängstigend viel ist. Aber der grösste Teil der Hauptstadt Port of Spain und auch Chaguaramas ist zumindest tagsüber sicher. Das grösste Problem in Chaguaramas sind Diebstähle. Zum einen Aussenborder mit mehr als 15PS, zum anderen Elektronik von Yachten deren Besitzer nicht an Bord sind.
Am Tag, an dem Mary abreiste, hat die Polizei ihre Arbeit niedergelegt um sichere Arbeitsbedingungen und (natürlich) mehr Lohn zu verlangen. Da erstaunte es nicht gross, dass die Ministerpräsidentin den Ausnahmezustand inkl. Ausgangssperre verhängte. Diese Massnahme betraf uns aber eigentlich wenig denn Nachts sind wir kaum an Land unterwegs. Viele Trinis schätzten den Zustand, zum einen weil sie besser schlafen konnten und zum anderen weil die Ehemänner nun früher nach Hause kamen. Diese pflegen das karibische Hobby „limen“, das heisst mit Kollegen rumhängen, sehr intensiv. Ob jedoch die Verhaftung einiger kleiner Dealer, welche aufgrund mangelnder Beweise eh wieder auf freien Fuss kamen, das Drogen- & Kriminalitätsproblem lösen sei mal dahingestellt. Denn die wirklichen Drahtzieher geniessen dank höherer Posten in Politik und Wirtschaft Immunität.

Derweil genoss Mary ihren Heimaturlaub in vollen Zügen: es war schön, Familie und Freunde zu treffen. Zudem zeigte sich die Schweiz von ihrer schönsten Seite und die Sonne zeigte sich einen Monat lang fast jeden Tag. Staunend wandelte sie durch Sursee, wo sich in den letzten 2 Jahren doch einiges verändert hat. Auch die Neffen und Patensöhne haben in dieser Zeit gewaltige Schritte gemacht: Robin spielt sehr gut Fussball und Mäni ist nun schon in seiner Lehre als Landwirt! Die Treffen mit ehemaligen Arbeitskollegen waren auch interessant: schon spannend zu erfahren, was sich so verändert hat. Und natürlich war es ein Genuss, ausgiebig mit Freunden zu tratschen und klatschen! Denn auch wenn sich unser Leben stark von dem in der Heimat unterscheidet nehmen wir doch gerne Anteil am Leben in der Schweiz. Am wichtigsten war aber sicher die Zeit mit der Familie. Die 4 Wochen verflogen im Nu und am Schluss musste noch ein grösserer Koffer her damit all die Schätze wie Fondue, GPS-Mäuse, Festplatten usw auch mit nach Trini kommen konnten.

Zurück in Trini wurde ein Traum wahr: Ady hat während Mary's Abwesenheit die Küche umgebaut: das alte Spülbecken wurde durch ein grösseres ersetzt und die Corianplatte eingesetzt. Die Küche ist nun viel praktischer und schöner. Nur Ady hat mangels Köchin abgenommen. Dabei erhellt eine Notbeleuchtung aus einer Rettungsinsel nun den Inhalt des Kühlschrankes. Dies war nur der Anfang. In den 5 Monaten, die wir in Trinidad verbrachten wurden Tablare für die Schränke angepast, zugeschnitten, geschliffen und lackiert, auch die Schlingerleisten im Salon wurden mit 4 Schichten Lack wieder zum Glänzen gebracht. Edelstahlrohre am Davit sorgen für zusätzliche Sicherheit und Stabilität, der Baumniederholer läuft leichter dank zusätzlicher Umlenkung, die Gästekoje erhielt einen neuen Wandbezug, Abgasrohre wurden laminiert und last but not least zog ein AIS Empfänger auf der MARADY ein. Ja, die Tage waren ausgefüllt mit Arbeiten im und am Schiff. Glücklicherweise konnten die Arbeiten die mit viel Staub verbunden sind in einer Werkstatt an Land erledigt werden. Trotzdem glich der Salon häufig auch einer Werkstatt, was die Stimmung an Bord nicht gerade hob.

Für eine Woche verliessen wir Chaguaramas um bei der westlichsten Insel von Trinidad, Chacachacare zu ankern. Wir hatten die unbewohnte, malerische Bucht für uns alleine und konnten in aller Ruhe durch die ehemalige Leprastation auf der Insel streifen. Auch der Aufstieg zum Leuchtturm wird uns in schöner Erinnerung bleiben, obwohl es eine schweisstreibende Anstrengung war. Zudem wurden die Rümpfe der MARADY endlich wieder mal von all dem Getier befreit.

Zurück in Chagauramas nahm der Alltag wieder seinen Lauf. Dazu gehörte für Mary am Samstag jeweils die Fahrt nach Port of Spain zum Markt. Für die gemeinsame Fahrt traf sie sich jeweils bereits kurz vor 06.00 Uhr an Land mit anderen Seglern. Um 05.00 aus den Federn zu kriechen ist zwar hart, aber der farbenprächtige Markt entschädigte die Mühen. Fast jeden Samstag fand irgend eine unbekannte Frucht oder ein neues Gemüse den Weg in den Schweizer Militärkampfrucksack und so auf die MARADY. Um nicht jede Woche Zwiebeln einzukaufen wurde dann auch gleich ein ganzer Sack mit 22.5kg angeschafft. Diese waren wie so häufig nicht aus lokaler Produktion erhältlich sondern aus Holland. Naja, für 7.50CHF kann man halt auch hierzulande kaum 50lb Zwiebeln anbauen und dann noch mit Gewinn verkaufen. Die Globale Marktwirtschaft erreicht halt auch die hinterste Ecke dieser Welt.

Natürlich pflegten wir auch das gesellschaftliche Leben: sei es bei einem Barbecue oder Potluck an Land oder beim fast täglichen Kaffeeklatsch mit Frank. Er arbeitete auch täglich hart an seiner neu erworbenen Frida und bekämpfte zwischendurch auch noch Denguefieber. Diese Krankheit wird von Mücken verbreitet und kostet jährlich 4'000 Trinis das Leben. Als dann auch die Premierministerin erkrankte versprach die Regierung Massnahmen zu ergreifen. Wie diese genau aussehen sollen entzieht sich unserer Kenntnis.

Leider ist der Ankergrund in Chaguaramas sehr schlecht und wir mussten öfters mal umankern weil der Anker rutschte. Deshalb verliessen wir auch nur selten gemeinsam unser Zuhause. Mary ist darum mit Freunden losgezogen, sei es zu einer wunderschönen Wanderung in einem Bachbett im Regenwald zu einem Wasserfall oder um die Aussicht von Fort Georges zu bewundern. Zu einem dieser Ausflüge waren wir 6 Erwachsene in einem PW, plus Fahrer! Mit dem Ergebnis dass das Auto halt hie und da bei einer Schwelle mit etwas mehr als den Rädern Bodenkontakt hatte

Morgens um 08.00 stand ebenfalls ein wichtiger Termin auf dem Tagesprogramm: die Funkrunde. Das ist so was wie die Tagesschau der Segler. Neben dem Wetter und sicherheitsrelevanten Informationen werden auch gesellschaftlich Anlässe angepriesen und so mancher „Treasure of the bilge“ findet einen neuen Besitzer. Und wir wurden glückliche Besitzer eines gebrauchten Laptops. Am 11.11.2011 gab nämlich unser treuer IBM seinen Geist auf, resp. er produzierte einen Harddisk Crash und der Bildschirm versagte seinen Dienst. Anscheinend war das eine ansteckende Krankheit denn zwei Wochen später ereilte dasselbe Schicksal den Dell. So blieb uns nur noch unser Not-Navigationslaptop und einiges an Daten ist verloren. Aber ein Schiff offerierte zwei Tage später ihren Compaq als FreeBee (kostenlos) in der Funkrunde, welchen wir gerne in Empfang nahmen. Die ehemaligen Besitzer meinten zwar dass sowohl die Internetverbindung als auch die Soundkarte defekt seien, aber Ady konnte beides reparieren. Und die Navigationskarten welche sich noch auf dem Gerät befinden sind wirklich super!

Die Bevölkerung von Trinidad ist ziemlich multikulti und sehr tolerant gegenüber anderen Religionen und Ethnien. So feiern die indischstämmigen Hindus Ende September das Lichterfest Divali, der Tag ist ein Feiertag. Und weil die Zeit bis Weihnachten etwas lang ist beginnt man schon im Oktober mit den üppigen Weihnachtsdekorationen. Das hilft aber nicht viel, für uns gehören zum richtigen Weihnachtsfeeling halt Temperaturen von deutlich unter 30°C. Weitere Feiertage sind z.B. das Ende des Ramadans, Ostern, Tag der Arbeit, Tag der Abschaffung der Sklaverei und natürlich der weltbekannte Karneval.

Anfangs Dezember wurde dann noch alles aufgefüllt: Lebensmittel sind nördlich von Trinidad teurer. Und Diesel kriegen wir wohl auch nicht so schnell günstiger, wo bezahlt man schon weniger als 20Rp/Liter?
Am 12. Dezember lief Marys Visum für Trinidad aus: höchste Zeit für uns, wieder mal in See zu stechen und Kurs Richtung Grenada anzulegen.


 
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