2014: Februar - Mai: Carriacou
 

ENDLICH: am 12. Februar kurz nach 08.00 konnten wir die Leinen vom Steg bei Peake in Chaguaramas lösen und wieder in See stechen. Über ein Jahr waren wir in Trinidad, davon mehr als 6 Monate in der Werft.

Das befreiende Gefühl, wieder Fahrt aufzunehmen, war unbeschreiblich! Noch kurz eine Runde drehen um sich von ABRAXAS zu verabschieden und dann auf dem direkten Weg zur Bocca und raus aufs Meer! Da die Strömung mit bis zu 2kts recht stark ist, fuhren wir unter Motor erst mal der Küste Trinidads entlang gen Osten. Beide Motoren verhielten sich tadellos und auch die neu laminierten Ruder bestanden den ersten Test. Der Himmel war bedeckt und motoren ist an und für sich nicht so toll, aber das minderte unser Glücksgefühl in keiner Weise. Nach 8 Stunden konnten wir dann Kurs Richtung Norden und auch Segel setzen. Wir hatten schon fast vergessen, wie schön das Rauschen des Wassers entlang der Kiele klingt! Mit je zwei Reff machten wir immer noch 6 knts, angenehme Reisegeschwindigkeit, die neu installierten Faltpropeller und die sauberen Rümpfen haben dazu sicher beigetragen. Nachdem wir die Küste verlassen hatten war auch kein Schiff mehr zu sehen.

Über Funk konnten wir noch die Suche nach einem Fischer, dem der Diesel ausgegangen war und der nun Richtung venezolanische Küste getrieben wurde, mitverfolgen. Hoffentlich haben sie den armen Kerl gefunden!

MARADY peilte die Durchfahrt nördlich von Grenada an um an der Westseite von Carriacou in die Tyrell Bay einzulaufen. Wieder mal ein Sonnenaufgang auf See, bei fast wolkenlosem Himmel: da jauchzten die Engel mit Mary! Kurz vor der Einfahrt dann doch noch ein Wermutstropfen: die neu justierte Rollfockreffleine scheuerte wieder durch. Und eine Kontrolle der Turnbuckles ergab, dass diese sich auch leicht gelöst hatten (sie waren noch nicht gesichert). Aber das neue Rigg hat seinen Aufgabe mit Bravour gemeistert.

Als erstes wurde nach der 'Godthaab' Ausschau gehalten, deren Schweizer Skipper Severin, den wir in Trinidad kennengelernt hatten, an Deck am Arbeiten war. Dann erst mal Anker fallen lassen, aufräumen und in das klare Wasser hüpfen.
Danach war Ausspannen angesagt: das halbe Jahr in der Werft hat uns beiden doch zugesetzt und wir brauchten die Erholung in der ruhigen Bucht. Natürlich wurde immer was gewerkelt, aber der Druck, dass die Rechnung der Werft läuft, war weg. So wurde die Reffleine gespleisst, aufgeräumt und geputzt (für beides hatten wir in Trini kaum Zeit), eine Batterie hat den Geist aufgegeben und und und....
An Land erkundeten wir erst mal, was sich denn seit unserem letzten Besuch vor 1,5 Jahren geändert hat. Das ist nicht viel: Donlyn und ihre Schwester Denise verkaufen immer noch Gemüse, John der Lime Man rudert von Schiff zu Schiff und 'tries to earn a living'. Aber ganz nah am Naturschutzgebiet (oder schon drin?) wird eine private Marina gebaut. Bauherr ist unter anderen Peter Peake, der Eigentümer der Werft in Trinidad. Der letzte Umweltminister von Grenada hat den Bau noch verhindert. Der Neue lies sich offensichtlich überzeugen (wie auch immer), dass der Wert dieser Privatmarina den des Naturschutzgebietes überwiegt... So wird nun fleissig gebaggert und geschaufelt, aber die Fortschritte sind glücklicherweise nicht so beeindruckend.


Via e-mail informierten wir unsere ehemaligen Werftnachbarn JB und Fred von der PAPYRUS, dass MARADY endlich auch wieder in ihrem Element ist. Die Antwort kam postwendend: sie seien in den Grenadinen. Die Frage, wo denn genau (die Grenadinen umfassen rund 20 Inseln und Inselchen) stellte sich als überflüssig heraus, denn schon am nächsten Tag steuerte der stolze Trimaran die Tyrell Bay an und so wurden wir wieder Nachbarn auf Zeit. Da sie ihren Gast rechtzeitig für den Rückflug nach Martinique bringen mussten, konnten sie den Carnival nicht mehr mit uns besuchen.
Aber der Ankerplatz neben der MARADY blieb nicht lange leer: bald schon traf VIVEKA ein, auch sie ehemalige Leidensgenossen in der Werft. Endlich hatten wir Zeit, mit Ulrike, Heinz und Florian etwas mehr als nur die neuesten Probleme bei der Arbeit am Schiff zu diskutieren. An einem der seltenen verhangenen Tagen ging Mary mit den Österreichern nach Winward, um der Küste entlang zurück zu wandern. Eigentlich sollte man ja meinen, dass wenn man immer bergauf läuft, man irgendwann auf dem Gipfel ankommt. Aber leider fanden wir den höchsten Punk von Carriacou, den High Nord, nicht, sahen dafür Landschildkröten und anders Getier und auch Frangipaniblüten an abgeschnittenen Ästen. Auch die VIVEKA zog weiter, aber nicht nur die Hinweise betreffend Yoga von Ulrike bleiben uns als wertvolle Erinnerungen erhalten.

 Es war auch nicht immer nur Friede, Freude Eierkuchen in Carriacou: kurz nach unserer Ankunft verabschiedete sich die Festplatte unseres Laptops. Da die letzte Sicherung durchgeführt wurde, bevor wir in die Werft gingen, verloren wir über ein halbes Jahr an Daten. Also erst mal einen Ersatzlaptop als Alltagscompi aufrüsten. Auch ein Speicherstick, auf dem wir Daten gesichert hatten, wollte diese nicht mehr rausrücken.
Und dann wurde noch publik, dass X-Tausend e-mail Zugangsdaten in die Hände von Gaunern gefallen sind. Da Ady's Adresse betroffen war, mussten erst mal jede Menge Passwörter geändert werden. Und dann kam der Hammer: 10 Tage nachdem wir von irgend einem Bundesamt über die Gefährdung informiert wurden, sperrt Swisscom das betreffende Konto. Um es wieder freizuschalten muss man eine Nummer in der Schweiz anrufen, aus dem Ausland natürlich kostenpflichtig. Aus Kostengründen machen wir das über Skype. Der erste Anlauf war ja auch nicht schlecht: die Dame erklärt dass die Freischaltung nur vom Serviceteam vorgenommen werden kann und die nur von 08.00 - 19.00 arbeiten. Ok, dann probierten wir unser Glück zwei Tage später weil wir erst dann wieder eine gute Internetverbindung hatten. Die Vermittlung bei Swisscom vermittelt weiter, nach ca. 7min mit Musikgedödel hat man einen Typen am Draht der einige Informationen aufnimmt und dann weitervermittelt.... nach zwanzig Minuten (kein Scheiss, Skype zeigt ja die Minuten an) wird die Leitung unterbrochen (ok, unser Problem). Danach probierten wir 5 mal mit ähnlichem Ablauf bis das Konto endlich wieder freigeschaltet war. Generell kann man sagen, dass die Leute nett waren, einfach das System absolut untauglich. Aber der Hammer war ein Herr, der leider seinen Namen nicht nennen wollte. Wir erklärten ihm, dass wir keine Swisscom Kundennummer hätten, nur eine Prepaid Nummer, da wir im Ausland seien. Da hat der uns doch angeschnauzt, ja warum wir denn eine Schweizer e-mail Adresse hätten und wenn wir im Ausland leben sollen wir doch gefälligst auch eine ausländische e-mail Adresse zulegen!!! Und das musste sich Mary anhören - zudem ihr Schwiizerdütsch immer noch perfekt ist! Den geht es doch einen feuchten Scheiss an, wo wir sind, auch Putin oder Obama oder wer auch immer kann doch eine Schweizer e-mail Adresse haben! Ist ja kein Geheimkonto oder steht nur CH-Steuerzahlern mit CH Pass zur Verfügung!!! Anzufügen wäre nur noch folgendes: hätten wir Swisscom über die Swisscom Handy Nummer angerufen hätten schon die 20min des ersten Anrufes über 80CHF gekostet!!!!


Aber zurück zu Erbaulicherem:

Auch in Carriacou muss die Bordfrau Früchte und Gemüse einkaufen um die Crew bei Kräften und Laune zu halten. Auf einer trockenen Insel mit nur ca. 6'000 Einwohnern kann man natürlich nicht einen so überquellenden Markt wie in Trinidad erwarten. Neben den kleinen Gemüseständen in der Tyrell Bay, gibt es in der `Hauptstadt` einen Kooperationsladen mit deutlich preiswerterem Angebot. Aber wie kommt man (oder halt frau) in die Stadt? Neben uns liegt das Schiff von Don und er erledigt seine Einkäufe, begleitet von seinem Freund Severin, jeden Samstag in Hillsborough. Er besitzt einen Range Rover, der aus drei Fahrzeugen zusammengebaut wurde und dessen Innenverkleidung aus Holz besteht. Dach gibt es keines. Und Mary durfte jeweils auf dem Beifahrersitz Platz nehmen, und sich den Fahrtwind durch die Haare streifen lassen. Einmal landeten aber auf dem Weg ein paar Tropfen auf ihrem Gesicht, obwohl weit und breit keine Wolke am Himmel zu entdecken war. Die Vermutung, dass es sich um Kühlerwasser handelt, lag nahe. Ein Blick unter die Kühlerhaube brachte nichts Beunruhigendes zu Tage, also ging die Fahrt weiter. Immerhin bis in die Stadt, aber nachdem Mary ausgestiegen war wollte die Karre nicht mehr und musste abgeschleppt werden.
Don ist überhaupt eine faszinierende Persönlichkeit: Aufgewachsen als Sohn Norwegischer Einwanderer an den Great Lakes kam er schon in jungen Jahren mit dem harten Fischerleben in Kontakt (wer weiss schon, dass die Sauna erfunden wurde damit sich die an den Haaren festgefrorenen Mützen ohne Kahlschlag des Hauptes entfernen lassen?). Heute baut der 75 jährige im Auftrag ein Erdhaus hier in Carriacou und fährt jeden Arbeitstag die miserable Holperstrasse zur Baustelle. Hierzulande wird nicht erst ein Gebiet als Bauzone erschlossen. Ne, da wird die unbefestigte Strasse nur im Notfall wieder etwas ausgebessert und im besten Fall betoniert der Hausbesitzer seine Zufahrt. Über diesen ca. 2km langen Fuhrweg wird dann die gesamte Gerätschaft und Material transportiert. Henu, auf alle Fälle entsteht dort am Hang ein Erdhaus mit fantastischer Aussicht auf Sandy Island und bis hoch in die Grenadinen. Und was eine rechte Villa ist verfügt natürlich auch über einen Swimming Pool. Immerhin fassen die Zisternen im Untergeschoss über 100'000l welche mit aufgefangenem, filtriertem Regenwasser gefüllt werden. Leider gilt in der Karibik weder ein Vertrag noch ein Handschlag viel. So verdiente Don bei bereits realisierten Bauten längst nicht so viel wie ursprünglich vereinbart und er kommt nur knapp über die Runden. So was wie Rente hat er nicht, also muss er weiter arbeiten, auch wenn er oft am Rande der Erschöpfung ist. Auch sein schwimmendes Haus, die 'Marsvinet', bräuchte eigentlich mehr Aufmerksamkeit, aber dafür reicht die Kraft nicht mehr. Trotzdem lud er uns an einem Samstag ein, das Haus in Belair, welches er gebaut hat, zu besichtigen: auch dies ein einzigartiges Meisterwerk. Alles ist rund, es gibt keine Ecken und Kanten. Diese Bauprojekte sind Don's Leidenschaft und er steckt enorm viel Fachwissen und Herzblut rein. Klar hat er auch Arbeiter, aber diese haben eher Mühe, Befehle anzunehmen und auszuführen. So was wie ein Handlanger will keiner sein, das wird als Sklaverei empfunden. Die Männer, die aus Grenada kommen, wohnen auf der Baustelle.

Wir konnten dann wenigstens seinen beiden Söhnen, welche in den USA leben, Fotos via e-mail zustellen, denn Don hat weder Compi noch e-mail Adresse.

Auch Severin verfügt nicht über die Kommunikationsmittel des 21 Jahrhunderts, aber er konnte über unser Skype mit seiner Schwester in Zürich plaudern. Und auch sie bekam einige Fotos von ihm. Als begnadeter Landschaftsgärtner wird er auch die Steinmauern unterhalb des Erdhauses errichten. Dies aber erst nach zermürbenden Verhandlungen mit dem Bauherr, der zuerst den Lohn nicht akzeptieren wollte. Nachdem er feststellen musste, dass die einheimischen Arbeiter zwar einiges weniger verdienen, aber unendlich viel länger benötigen als Severin, traf man sich irgendwo in der Mitte.

In der Karibik konnte man am 14. April eine Mondfinsternis beobachten: es war unbeschreiblich, im Cockpit zu liegen und zuzuschauen wie der Erdtrabant sich in Kupferrot kleidete, nur selten drängte sich eine neugierige Wolke in unser Blickfeld.

 Dem Osterhasen ist der Weg nach Carriacou offensichtlich zu anstrengend, auf alle Fälle kennt man ihn hier nicht. So bringt leider niemand Schoggieier. Mary hat dann wenigstens den Part der gefärbten Hühnereier übernommen und Osternester gebacken und damit Don und Severin überrascht.

 Einige Tage zuvor gab es jedoch für uns eine Überraschung: Ady war um 23.00 noch am Compi, Mary grad so am Eindösen, als ein lautes BANG zu hören war. Im ersten Moment dachte Mary, dass Ady etwas fallen lies, aber dann macht es wieder BANG. Nullkomaplötzlich war Mary auf den zitternden Beinen. Ady holte die Machete, dazwischen immer mal wieder das Geräusch, das klar vom Deck der MARADY kam. Mit dem Decklicht konnten wir von innen sehen, dass wahrscheinlich kein Einbrecher an Deck ist. Mary vermutete ein losgerissenes Dinghi, Ady einen abgestürzten Vogel. Also allen Mut zusammengeklaubt und mal einen Blick nach vorne werfen. Ausser ein nasser Fleck war nichts zu sehen. Bei genauerer Inspektion fanden wir jedoch den Übeltäter: ein ca. 50cm langer Thuna war auf das Deck gesprungen und hatte es irgendwie geschafft, sich unter den straff gespannten Sonnenschutz zu quetschen wo er nicht mehr raus kam. Aber sich natürlich schon noch wehrte! Nun ja, die Freiheit hat er nicht wiedererlangt, eine halbe Stunde später hatte sich das Adrenalin in unseren Muskeln abgebaut und im Kühlschrank befand sich sicher ein Pfund Thunfischsteaks!

Ein eindrückliches Erlebnis war das Maroon Festival: dies ist eine Veranstaltung, deren Wurzeln in der afrikanischen Heimat der Sklaven liegen. Es ist eine Art Erntedank mit Gebeten an die Quelle allen Lebens. Begleitet von Trommeln und Tänzen wirken die Darbietungen sehr authentisch, auch wenn wir nicht die einzigen Touristen waren. Zuvor gab es kostenlos Essen für jedermann: in grossen Pötten wurde Polenta und Reis gekocht, welches dann in Schalen zu Kugeln geformt wurde. Diese Prozedur erinnert an Taler schwingen. Auch die Hühnchen und das Schweinefleisch wurden über dem Feuer gegart, darum heisst das Ganze auch 'smoked food'. Als weitere Beilagen gab es gekochte grüne Bananen und Süsskartoffeln. So grosse Mengen sind natürlich schwer zu würzen und so war es eher fade. Macht nix: vor allem Mary hat es genossen!
Die Rückkehr war dann weniger toll: der Aussenborder war gekränkt weil er so lange warten musste und sprang nicht mehr an. Also mussten wir in einer mondlosen Nacht zu unserer MARADY rudern, die natürlich das Ankerlicht nicht selber eingeschaltet hat. Henu, wir haben sie auf Anhieb gefunden, Ady hat am nächsten Morgen den Defekt behoben und es blieb nur der Muskelkater. Dieser hielt sich bei Mary dank regelmässigem Yoga in engen Grenzen, aber für Ady's Tennisarm war's nun wirklich nicht die richtige Therapie.

 

Ja, so vergingen 3 Monate wie im Fluge, und es heisst wieder Abschied nehmen und Segel setzen...

 
  Copyright by Bögli Stucki  
 
Diese Webseite wurde kostenlos mit Homepage-Baukasten.de erstellt. Willst du auch eine eigene Webseite?
Gratis anmelden