2009 September: Madeira
 

2009 September: Madeiren

Das Ablegen in Praja/Sta Maria am 25. August lief wieder mal nicht so wie gewünscht: unsere Ankerkette hatte sich in Felsen verfangen und wir konnten den Anker nicht heben. Unsere Rettung war wieder einmal Arne, der den Anker frei tauchte. Dann konnten wir unter leichtem Wind Kurs auf Porto Santo, eine kleine Insel nordöstlich von Madeira, anlegen. Wir hatten fast 2 Monate auf den Azoren verbracht und noch längst nicht alles gesehen! Die Inseln sind sehr vielfältig und ein Paradies für Wanderer und Segler. Vielleicht es es auch ganz gut dass dies nicht so bekannt ist damit es so bleibt.

Natürlich versuchten wir auch auf dieser Leberfahrt wieder unser Fischerglück. Da bisher der Gummitintenfisch trotz von Ady aufgemalten Augen die Fische nicht zu bezierzen vermochte, versuchten wir es mit einem silbernen Löffelchen. Aber auch dies war nur für Möven interessant: nachdem sich die Zweite auf den Köder gestürzt hatte und von der Angel befreit werden musste, brachen wir auch diesen Versuch ab.

Am dritten Tag war es dann eh vorbei mit dem gemütlichen Segeln: bei Windstärken von bis zu 6 Beaufort (ca 50kmh) holperten wir über bis 2 Meter hohe Wellen. Diese brachen teilweise zwischen den Rümpfen, so dass der Boden im Saloon erzitterte. Es fühlte sich an als würde Neptun von unten an unsere Marady klopfen. Seine Ausbeute war dann auch eine zerbrochene Müeslischale, ein zerbrochener Kaffeedosendeckel und ein Pot heisses Wasser der in die Spüle rutschte. Trotz den widrigen Umständen erzielten wir unser bisher bestes Etmal: 146sm innert 24h (ca 270km). Am Schluss machten wir sogar einen kleinen Umweg um nicht in der Nacht in Porto Santo anzukommen. So erreichten wir diese Insel am Morgen des 30. August.

Porto Santo:

In der Marina war uns schnell klar dass wir da nicht bleiben würden, denn die Preise sind einfach zu hoch. Also liesen wir unseren Anker vor dem endlosen weissen Strand fallen. Diese Insel ist sehr karg und der Sandstrand der Grund für die vielen Touristen. Wir blieben nur gerade zwei Tage um dann in einer wunderschönen Vollmondnacht nach Funchal auf Madeira zu segeln.

Funchal:

Diese Insel ist wieder sehr grün. Im Landesinnern gibt es viel Gemüse- und Obstanbau und auch Blumenfelder. Wir ankerten im Hafen vor der Marina. Bis unser Anker in dem Sanduntergrund hielt mussten wir ihn jedoch 3 mal heben und neu setzen. Funchal wird von grossen Kreuzfahrtschiffen angelaufen: wir hatten das Vergnügen, eines der weltweit grössten Exemplare dieser Gattung, die „Independence of the Seas“ zu bewundern: So ein Kahn ist schon der reine Wahnsinn! Auf 340m Länge findet man neben den üblichen Pools und Tennisplätzen und anderem zum Beispiel eine 13 Meter hohe Kletterwand, ein Basketballfeld in Wettkampfgrösse, einen Boxring für WM Kämpfe sowie einen Surfsimulator, der 132 500 Liter Wasser pro Minute umwälzt! Auch eine Shoppingmal gehört natürlich dazu!

Kurz nach dem Einlaufen werden die 3634 Passagiere auf die Insel losgelassen. Am Abend müssen alle wieder an Bord sein, denn dann geht die Fahrt weiter....

Funchal ist eine pulsierende Stadt, die sich die steilen Hügel hochzieht. Mit dem öffentlichen Bus durch die engen Strassen um die Ecken zu flitzen hat schon fast etwas von Jahrmarktvergnügen. Leider müssen immer mehr kleine Läden in der Stadt schliessen da sie neben den grossen Shoppingcenters nicht mehr überleben können. Beim Bau dieser Megacenters sei es nicht ohne Korruption zu und her gegangen.

Ady hat Holz für Tischplatten für unseren Salontisch gekauft. Diese Platten liesen wir bei einem Schreiner zuschneiden. Als wir die Platten abholten, lernten wir den 78 jährigen, quitschfidelen Patron des Unternehmens kennen. Da er nur Portugiesisch spricht musste sein Sohn (in unserem Alter) übersetzen. Der rüstige Rentner hatte Spass an unserer Geschichte und wies einen Angestellten an, uns mit seinem Jeep zur Marina zu fahren. So kamen wir um das Vergnügen, zwei ca 1sqm grosse und eine kleinere Platte mit einem Gesamtgewicht von ca 30kg im Freitagabend-Feierabendverkehr in einem übervollen Bus zu transportieren.

Den Besuch im botanischen Garten möchte ich auch nicht missen: in dieser Grünanlage finden sich Gewächse aus aller Herren Länder. Etwas schade ist, dass die Autobahn unterhalb des Gartens zwischen zwei Tunnels über einen Viadukt führt und gut zu hören ist. Das war auch wieder am Ende meiner „Levadawanderung“ der Fall. Levadas sind Wasserleitsysteme mit denen das Wasser aus dem regenreicheren Norden in den trockeneren Süden geführt wird. Da diese Rinnen regelmässig von „Levadeiros“ gewartet werden gibt es entlang der Läufe mehr oder weniger breite Pfade. Da die Abhänge oft recht steil sind ist es von Vorteil wenn man einigermassen schwindelfrei ist. Ich habe nur einen kleine Wanderung von ca 2.5h gemacht, aber der Muskelkater vom bergabwärts laufen hat dann noch zwei Tage angehalten!

Der Park mit den aromatischen und Heilkräutern ist ein Erlebnis für die Geruchssinne. Unsere Gerichte werden seit diesem Besuch mit mehr Kräutern verfeinert.

Am 15. September war dann aber fertig lustig in Funchal: kurz nach Mittag besuchten uns zwei Beamte von der Hafenbehörde. Es täte ihnen ja leid, aber ihr Chef sei wieder da und sie müssten von uns 50Euro/Tag für das Ankern einkassieren. Wobei sie uns wenigstens einen Kredit von 50% gewähren könnten! Das offizielle Dokument, das sie uns gaben, bestätigte die Rechtmässigkeit ihrer Aussage. Nur konnten wir in dem Dokument eintragen, dass wir am 15. gekommen seinen und auch gleich wieder ablegen würden. Nun, um das Ganze kurz zu fassen: am folgenden Morgen verliesen wir den Hafen im Morgengrauen Richtung Machico ohne bezahlt zu haben. Ist ja wirklich nicht nachzuvollziehen, warum man vor Anker mehr mezahlen soll als in der Marina! Wobei anzumerken ist, dass die Marady in der Marrina eh keinen Platz gehabt hätte! Auch die „Seven Sea's“ und die „RazzelDazzle“ wollten nicht unbedingt herausfinden, ob man denn nun wirklich bezahlen muss und schlossen sich uns an.

Machico:

Dieser Hafen liegt gut geschützt im Osten der Insel Madeira. Hier liegen wir mit anderen Yachten vor Anker. Und es hat auch endlich wieder mal etwas geregnet. Da unser Deck von der Überfahrt von den Azoren noch immer voll Salz war waren wir froh um die Dusche. Der Hafen von Funchal war recht schmutzig, so dass auch unser Dinghi und die Bootsrümpfe wieder mal eine Reinigung nötig hatten. Als Mary die Wasserlinie der Bootsrümpfe vom Dinghi aus reinigte kamen auch prompt jede Menge Drückerfische welche sie fast in die Finger bissen! Glücklicherweise bissen sie dann auch in die Angel, die wir auswarfen! Innert einer halben Stunde hatten wir 5 Exemplare, das konnten wir sogar am nächsten Tag wiederholen. Danach hatten wir wieder mehr Wellengang und da waren die Viecher nicht so verfressen. Erst als es wieder ruhiger wurde konnten wir das Erfolgserlebnis wiederholen und weitere Fischrezepte ausprobieren.

Als an einem Abend die Temperatur gegen 20 °C fiel fanden wir jedoch, es sei zu kalt für Fisch. Stattdessen gab's zum Abendessen Fondue (Fertigmischung aus der Migros) welches hervorragend schmeckte!

Da der Schwell in der Bucht zeitweise recht stark ist haben die „Seven Seas“ und „RazzleDazzle“ bereits die Fahrt Richtung Kanaren angetreten. Vor der Abreise ist in der Nacht jedoch noch Antonios Dinghi abgesoffen. Das Faltböötchen mit den hundert Flicken taugte zwar eh mehr zum Kneippen denn als Transportmittel, aber es gehörte halt zur „RazzleDazzle“ und Antonio.

Auf der Marady ist der Schwell erträglich. Priorität hat bei uns das Lackieren der Tische. Wir freuen uns darauf, im Saloon einen richtigen Klapp- und Saloontisch zu haben! Der Tisch im Cockpit wurde auf den Bahamas als Werkbank zweckentfremdet. Deshalb war es auch nötig, bei dem den alten Lack abzuziehen, Schäden auszubessern und sauber zu schleifen. Und dann geduldig eine Schicht nach der anderen auftragen. Das Trocknen jeder Schicht dauert mindestens einen Tag, so dass das Werk Zeit braucht.

28. September, Vormittag, ca 31°55'N 15°44W:

Gestern Abend um 18.30 haben wir in Machico den Anker problemlos gehoben. Die Tischplatten sind fertig lackiert, wenn auch noch nicht montiert. Da die Wetterprognosen für die nächsten paar Tage günstig sind beschlossen wir, die nächste Etappe nach Lanzarote (Kanaren) in Angriff zu nehmen. Bei ablandigen Wind konnten wir den Anker sogar ohne Motor (aber natürlich schon mit der Ankerwinsch) heben. Mit guten 4 Beaufort Wind segelten wir mit 5-6 Knoten in die Nacht hinein. Ady genoss zum Abendessen wieder mal ein Stück „richtiges“ Fleisch: ein Kotelett steht bei uns nur selten auf dem Menueplan. Zusammen mit Rüebli und „Härdöpfustock“ tönt das nach guter Schweizerküche. Um 23.00 legte ich mich in die Koje. Richtig schlafen konnte ich zwar nicht. Aber es ist schon erstaunlich, welche Begebenheiten und Begegnungen einem in den Sinn kommen wenn man den Kopf frei hat! Die ganze Nacht tauchten Erinnerungen an Zeiten vor über 20 Jahren auf und ich erinnerte mich an Leute, an die ich jahrelang nicht mehr gedacht hatte. Im Halbschlaf träumte ich z.B. auch, dass mir mein grosser Göttibub ein Bild schenkt. Mein wacher Hirnteil erinnerte sich, dass mein Bruder dieses Bild in mein Poesiealbum, das ich in der Primarschule hatte, gezeichnet hat. Keine Ahnung ob ich das Poesiealbum noch habe...Das ist zwar nicht erholsamer Schlaf, aber sehr spannend! Ady holte mich erst um 07.00 für die Wachablösung. Er brütete während der Nacht über Schaltplänen für eine stimmungsvollere Innenbeleuchtung. Zudem beobachtete er einen anderen Segler, der ebenfalls mit ca 7 knts unterwegs war und in kurzer Distanz vor unserem Bug passierte.

Der Wind nahm in der Nacht zu, er hält nun mit ca 4-5 Beaufort an. Auch der Wellengang hat etwas zugenommen nachdem wir die Inseln „Desertas“, welche Naturschutzgebiet sind, passiert hatten. Aber Brecher zwischen den Hulls sind selten und bisher gabs nur einmal Spritzer ins Cockpit. So verbringe ich meine Wache weiter mit Tagträumen, hie und da etwas lesen, Spanisch lernen und natürlich ca alle 20 – 30 Minuten einen Rundblick. Man weiss ja nie, wann ein Frachter am Horizont auftaucht, mit dem einzigen Ziel, die Marady zu rammen! Und im Geheimen habe ich die Hoffnung nicht aufgegeben, mal einen Wal zu entdecken. Zudem wird Windrichtung, Kurs und Segelstellung kontrolliert und gegebenenfalls korrigiert. Ja, und hie und da sollte man schauen, ob Wind und Sonne genügend Ampere liefern um den Kühlschrank weiter laufen zu lassen. Nicht dass am Schluss zu wenig Energie für unser treues „Liseli“ (der Autopilot) übrig bleibt !!!

So zieht die Marady mit rund 7 Knoten (ca 13kmh) dem Ziel Lanzarote entgegen, welches noch ca 230sm entfernt ist. Am Himmel ziehen hie und da einige Altocumulus Wolken vor der Sonne vorbei, diese deuten auf weiterhin schönes Wetter hin.

Nachtrag Nachmittag: Um ca 15.00 machte ich dann den ersten Frachter des Tages am Horizont aus. Nach einigen Peilungen war ich mir auch sicher, dass wir nicht auf Kollisionskurs gehen. Als ich den Namen (den ich jetzt nicht nenne) des ca 250m langen Schiffes lesen konnte, rief ich ihn über VHF Kanal 16 an. Ich wollte mich erkundigen, wie gut unser Radarecho ist. Niemand antwortete. Meines Wissens ist die Berufsschifffahrt auch heute noch verpflichtet, den Notrufkanal 16 abzuhören (der auch für die Kontaktaufnahme benutzt wird. Ist diese erfolgt wechselt man auf einen „working chanel“). Der Frachter passierte ca 20 Minuten nachdem ich ihn gesehen hatte ein paar hundert Meter hinter uns. Da konnte ich auch ohne Fernglas erkennen, dass jemand (wohl der diensthabende Offizier) seelenruhig auf dem Deck seine Joggingrunden drehte! Ich gehe davon aus, dass niemand auf der Kommandobrücke war um meinen Anruf zu beantworten. Somit hat uns auch niemand auf dem Radar gesehen. Die Autosteuerung des Frachters hätte wohl kaum von sich aus einen Umweg gemacht um uns nicht zu rammen! Also bleibt's dabei: alle 20 Minuten mal schauen was da draussen so abgeht.....

 
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